
Spezifische Phobien: Was sind sie und wie kannst du damit umgehen?
Viele von uns haben Ängste – vor bestimmten Tieren, Orten oder Situationen. Diese Ängste sind meist ganz normal, doch manchmal können sie so intensiv werden, dass sie den Alltag erheblich beeinträchtigen. In solchen Fällen sprechen wir von spezifischen Phobien. Du kennst vielleicht die Angst vor Spinnen oder der Zahnarztstuhl – aber ab wann sprechen wir von einer Phobie? In diesem Artikel werfen wir einen genaueren Blick darauf, was eine spezifische Phobie ausmacht, wie sie entsteht und welche Behandlungsmöglichkeiten dir helfen können, damit umzugehen.

Eva-Maria Goblirsch
Was ist eine spezifische Phobie?
Eine spezifische Phobie beschreibt eine übermäßige und irrationale Angst vor bestimmten, eindeutig identifizierbaren Objekten, Tieren, Situationen oder Orten. Typische Beispiele sind die Angst vor Spinnen, Hunden, Höhen, Flugreisen, geschlossenen Räumen oder auch vor Spritzen und Arztbesuchen. Dabei ist es wichtig zu betonen, dass sich spezifische Phobien immer auf konkrete, definierbare Reize beziehen. Phobien wie die Agoraphobie (Angst vor öffentlichen Plätzen) oder die soziale Phobie (Angst vor sozialen Situationen) fallen hingegen nicht unter diese Kategorie, da sie keine spezifischen Objekte oder Situationen betreffen.
Um als spezifische Phobie diagnostiziert zu werden, müssen neben der Angst auch weitere Kriterien erfüllt sein. Besonders hervorzuheben ist das Vermeidungsverhalten: Betroffene meiden Situationen, in denen sie mit ihren Ängsten konfrontiert werden könnten. Ein Beispiel wäre jemand, der aufgrund seiner Zahnarztangst regelmäßig Arztbesuche meidet und sich dadurch möglicherweise gesundheitliche Folgen einfängt. Oder jemand, der aufgrund seiner Flugangst nicht mehr mit der Familie verreisen kann. In vielen Fällen können Betroffene ihre Ängste jedoch nur unter großer Anspannung aushalten.
Woher kommt die Angst?
Die Ursachen für spezifische Phobien sind komplex und vielfältig. Früher dachte man, dass ein traumatisches oder belastendes Erlebnis der Ursprung der Phobie ist. Heute weiß man jedoch, dass die Entstehung von Phobien nicht immer auf ein einzelnes Schlüsselerlebnis zurückzuführen ist. Vielmehr spielen mehrere Faktoren eine Rolle:
- Evolutionäre Ursachen: Einige Ängste, wie etwa vor giftigen Tieren oder Naturgewalten, könnten in unserer Evolution einen Überlebensvorteil dargestellt haben. Die Angst vor Schlangen oder Gewittern könnte unsere Vorfahren vor Gefahr bewahrt haben.
- Genetik: Es gibt Hinweise darauf, dass spezifische Phobien auch eine genetische Komponente haben. Wenn ein Familienmitglied an einer Phobie leidet, steigt das Risiko, selbst zu erkranken. Aber nicht nur das: Ängste können auch durch Beobachtungen und Erfahrungen erlernt und unbewusst übernommen werden.
- Lernprozesse: In vielen Fällen entwickeln wir Ängste durch Erfahrungen. Ein schlechter Flug kann eine Flugangst auslösen, oder eine beängstigende Begegnung mit einer Spinne kann dazu führen, dass wir dauerhaft Angst vor diesen Tieren entwickeln.
Häufige spezifische Phobien
Spezifische Phobien lassen sich in verschiedene Typen einteilen. Zu den häufigsten zählen:
- Tier-Typ: Ängste vor bestimmten Tieren wie Spinnen, Schlangen, Hunden oder Insekten.
- Situativer-Typ: Ängste vor bestimmten Situationen, wie Flugreisen, Höhen oder geschlossenen Räumen.
- Blut-Injektions-Verletzungs-Typ: Ängste vor Blut, Spritzen oder Verletzungen.
- Naturgewalten-Typ: Ängste vor Gewittern, Stürmen oder tiefen Gewässern.
- Andere: Phobien vor Zahnarztbesuchen, Krankenhausaufenthalten oder ähnlichen Erlebnissen.
Insgesamt sind spezifische Phobien weit verbreitet. Schätzungen zufolge leiden etwa 8,7 % der deutschen Bevölkerung innerhalb eines Jahres an einer spezifischen Phobie – das entspricht ungefähr jeder elf bis zwölften Person. Besonders häufig sind Frauen betroffen (etwa 2,3 Mal häufiger als Männer).
Was passiert, wenn die Angst Überhand nimmt?
Die Symptome einer spezifischen Phobie gehen über das einfache Gefühl von Angst hinaus. Sie können mit intensiven körperlichen Reaktionen einhergehen, die oft schon beim bloßen Gedanken an die angstauslösende Situation auftreten. Zu den typischen Symptomen gehören:
- Starkes Herzklopfen
- Zittern und Schwitzen
- Atembeschwerden und Schwindel
- Übelkeit
Diese körperlichen Reaktionen treten nicht nur in der Konfrontation mit der gefürchteten Situation auf, sondern auch in der Vorstellung oder beim Gedanken an das angstbesetzte Objekt. Wenn jemand zum Beispiel Panik vor Spinnen hat, kann allein der Gedanke an eine Spinne schon eine starke Angstreaktion hervorrufen. Diese Angst vor der Angst nennt man Erwartungsangst.
Wie geht man mit spezifischen Phobien um?
Nicht immer erfordert eine Phobie eine sofortige Behandlung. Viele Menschen können mit ihren spezifischen Ängsten gut leben, vor allem, wenn sie in ihrem Alltag keine gravierenden Einschränkungen erfahren. Ein Beispiel dafür ist jemand, der an einer Schlangenphobie leidet, aber in seinem Alltag selten mit Schlangen konfrontiert wird. Wenn jedoch der Alltag stark eingeschränkt wird – sei es durch das Vermeiden bestimmter Orte oder das ständige Aufschieben von Arztbesuchen – ist es ratsam, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Behandlungsmöglichkeiten für spezifische Phobien
Die Behandlung spezifischer Phobien besteht in der Regel aus einer Kombination von Expositionstherapie und Entspannungstechniken:
- Expositionstherapie: Bei dieser Methode wird die betroffene Person schrittweise mit dem angstauslösenden Objekt oder der Situation konfrontiert. Dabei wird eine sogenannte „Angsthierarchie“ erstellt: eine Liste von Situationen, die die Phobie auslösen, geordnet nach dem Grad der Angst. Für jemanden mit Spinnenphobie könnte dies zum Beispiel damit beginnen, sich Bilder von Spinnen anzusehen und sich langsam zu realen, lebenden Tieren hinzubewegen. Ziel ist es, die Angst schrittweise zu reduzieren und zu lernen, dass die Angst nachlässt, selbst wenn man sich der Situation stellt.
- Copingtechniken: Hierbei geht es darum, den Umgang mit der Angst zu lernen. Dazu gehören Atemübungen, Achtsamkeitstechniken und das Umlenken von negativen Gedanken. Man lernt, sich nicht von der Angst überwältigen zu lassen, sondern ruhig und bedacht zu bleiben.
Wenn du bemerkst, dass deine Phobie deinen Alltag erheblich einschränkt, könnte eine Psychotherapie mit Expositionstraining und Copingtechniken eine effektive Lösung sein. Die Konfrontation mit den eigenen Ängsten kann dir helfen, sie zu überwinden und mehr Kontrolle über dein Leben zurückzugewinnen.
Den ersten Schritt machen
Wenn du dich in diesem Artikel wiedererkennst und an einer spezifischen Phobie leidest, die deinen Alltag beeinträchtigt, möchte ich dich ermutigen, aktiv an deinem Umgang mit der Angst zu arbeiten. Es ist wichtig, sich seinen Ängsten zu stellen und nicht in eine Vermeidungsstrategie zu flüchten. Nur durch Konfrontation und das Erlernen von Bewältigungsstrategien kannst du deine Ängste langfristig abbauen und emotionale Stabilität zurückgewinnen.
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Quellen & weiterführende Links
- Bandelow, B., Wiltink, J., & Alpers, G. W. (2019). S3-Leitlinie Behandlung von Angststörungen. 2014.
- Hagena, S., & Gebauer, M. (2014). Therapie-Tools Angststörungen. Beltz.
- Hoehl, S., Hellmer, K., Johansson, M., & Gredebäck, G. (2017). Itsy bitsy spider…: Infants react with increased arousal to spiders and snakes. Frontiers in psychology, 8, 1710.
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